Page 19 - LogReal.Direkt_Ausgabe-3.2025
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Logistikimmobilien
CTP stockt sein Bukarest-Cluster um 300.000 m² auf, gen Wiederaufbau der Ukraine wird es im Rahmen des
während Mietniveaus in West-Rumänien erstmals die Wiederaufbaus notwendig sein, die Logistik auszubauen.
Fünf-Euro-Schwelle testen. Nearshoring verschiebt die Grenznahe Standorte zur Ukraine werden attraktiver.
Versorgungszeiten und -puffer. In Deutschland steigen die
Anforderungen an die Grenzregionen Sachsen, die Ober- ? Für Sie ist die Logistik das Herzstück der industriellen Agenda.
pfalz und den Niederrhein, wo Konversionsflächen schon Deshalb fordern Sie die lokalen Entscheidungsträger und Behören
heute rar sind. auf, Ansiedlungen aus diesem Bereich zu priorisieren. Glauben Sie,
dass man Ihnen Gehör schenken wird?
? Für wie relevant halten Sie die Einhaltung der ESG-Kriterien, ins- RP: Ja, denn Logistik und Verkehrsinfrastruktur sind
besondere im Hinblick auf die nach wie vor drohenden Instabilitäten systemrelevant und für die Versorgung Deutschlands ent-
in der Versorgung mit erneuerbarer Energie?
scheidend. Ich sehe Bewegung: Das Projekt Logport VI in
Duisburg wurde 2025 als systemrelevant eingestuft. Kom-
Ohne ESG keine Energy Slots
munen erkennen, dass Logistik heute nicht nur Lkw-Ver-
kehr bedeutet, sondern drei- bis fünfmal so viele Jobs im
RP: Wir sollten nicht so tun, als wäre ESG ein „nice- Vergleich zu Datencentern schafft und zur kommunalen
to-have“, denn die EU Taxonomie und das Urteil des Energiewende beiträgt.
Bundesverfassungsgerichts zur Generationengerechtig- Unser Appell lautet, Logistik als Infrastruktur mit
keit kommen mit Verpflichtungen einher. Der Energieef- eigenem Flächenziel in Regionalplänen zu verankern
fizienz-Act verpflichtet ab 2025 alle großen Nichtwohn- und große Brownfields oder Konversionsflächen zu prio-
gebäude zum Energie- und Abwärme-Management. risieren.
Europa hat keine nennenswerten fossilen Eigenre-
serven und muss schon allein deshalb sein Stromnetz für
Dekarbonisierung und KI-Lasten ertüchtigen. Wir haben
zwar Solar-Kapazitäten, doch das Netz hinkt hinterher.
2024 wurden rund 1,4 TWh Solarstrom abgeregelt. Um
das zu ändern, müssen wir eine 250 Milliarden Euro gro-
ße Netz-Investitionslücke bis 2030 schließen. Energie ist
jetzt strategische Ressource. Ohne ESG-Reife bekommt
niemand mehr einen Netz-Slot, denn ESG ist Zuteilungs-
kriterium. Die Niederlande rationieren bereits Anschluss-
kapazitäten.
? Auch wenn Deutschland als zentraler HUB in Europa das präfe-
rierte Ziel und ein Core Market ist: Welche Länder in der EU bieten
ebenfalls gute Möglichkeiten für Logistikansiedlungen?
RP: Zunächst Polen, genauer die Regionen Oberschlesien
und Poznań aufgrund der Nähe zu zahlreichen OEMs,
des funktionierenden Arbeitsmarkts und des Autobahn-
ausbaus. Dann Tschechien, vor allem der Plzeň-Korridor
mit der Möglichkeit einer 24-Stunden-Lieferung nach
Süddeutschland und ausgewiesener Robotik-Kompetenz.
In Spanien überzeugt Zaragoza als Bindeglied zwi-
schen Barcelona und Madrid. In Rumänien ist die Region
Cluj-Napoca zu beachten, nicht zuletzt wegen möglicher
hoher Renditen.
? Spielt die Nähe eines Standorts zum potenziellen Aggressor Russ-
land eine Rolle bei der Auswahl eines Logistikstandorts?
RP: Die unmittelbare Nähe wird sich durch Risikozu-
schläge bei Versicherungs- und Finanzierungskosten
bemerkbar machen. Gleichzeitig wird es aus dem mi- Raimund Paetzmann
litärisch-logistischen Bereich eine erhöhte Nachfrage Managing Director
Beratungsunternehmens
Richtung Osten geben. Auch für den hoffentlich baldi- Logivalue
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