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Marschiert die Bundeswehr in eine unbehauste Zukunft?

Mit der Einführung der freiwilligen Wehrpflicht und der damit geplanten Erhöhung der aktuellen Bundeswehrstärke von derzeit 181.000 auf mehr als 203.000 Soldatinnen und Soldaten bis zum Jahr 2031 stellt sich die Frage nach der Unterbringung der wachsenden Truppe. Aktuell gibt es in Deutschland einer aktuellen Masterarbeit der Hochschule Biberach zufolge 270 bis 280 Bundeswehrstandorte, wobei die genaue Zahl je nach Quelle und Definition leicht variiert. Diese Standorte umfassen Kasernen, Übungsplätze, Depots und andere militärische Einrichtungen, die von der Bundeswehr genutzt werden.

Die Zahl hat sich seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 und der Neuausrichtung der Bundeswehr deutlich reduziert. Vor 2011 gab es über 500 Standorte, aber im Rahmen der Reformen unter Verteidigungsminister Thomas de Maizière wurden viele Kasernen geschlossen oder verkleinert. Laut dem Stationierungskonzept von 2011 sollten ursprünglich 264 Standorte erhalten bleiben, wobei kleinere Dienststellen mit weniger als 15 Soldaten nicht immer mitgezählt werden. Seitdem ist die Zahl jedoch wieder leicht gestiegen, etwa durch die Reaktivierung von Munitionslagern und die Anpassung an neue sicherheitspolitische Anforderungen. Ein Bericht von 2021 nennt beispielsweise 271 Standorte.

Prof. Thomas Beyerle
Prof. Thomas Beyerle^

„Bei der Analyse ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder Standort eine klassische Kaserne mit Unterkünften und Ausbildungseinrichtungen ist – manche dienen speziellen Zwecken wie Logistik oder Verwaltung“, erläutert Dr. Thomas Beyerle, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule Biberach und Betreuer der eingangs erwähnten Masterarbeit. „Die genaue Anzahl kann und wird sich zukünftig ändern, da die Bundeswehr ihre Infrastruktur an die aktuellen Bedürfnisse anpassen muss, etwa im Zuge der Truppenaufstockung auf 203.000 Soldaten bis 2031 oder neuer NATO-Verpflichtungen. Für eine exakte und aktuelle Zahl müsste man die neuesten Veröffentlichungen des Bundesministeriums der Verteidigung heranziehen, die jedoch nicht immer öffentlich detailliert verfügbar sind.“

Die genaue Anzahl neuer Bundeswehr-Kasernen, die bei Einführung einer freiwilligen Wehrpflicht mit zunächst 5.000 zusätzlichen Wehrdienstleistenden pro Jahr benötigt würden, lässt sich nicht präzise beziffern, meint Thomas Beyerle. Dies hänge von mehreren Faktoren ab, die aktuell nicht vollständig festgelegt seien. „Dazu gehören die tatsächliche Anzahl der Freiwilligen, die Dauer des Dienstes, die Ausbildungskapazitäten und die infrastrukturellen Anforderungen“. Er nennt Faktoren, die die Anzahl der Kasernen beeinflussen:

  • Die Anzahl der Freiwilligen: Der „neue Wehrdienst“ startet mit 5.000 zusätzlichen Wehrdienstleistenden jährlich. Bei einer sechsmonatigen Grundausbildung könnten pro Jahr zwei Durchgänge (ca. 2.500 pro Durchgang) stattfinden. Sollte die Zahl langfristig auf 10.000 oder mehr steigen, wären entsprechend mehr Kapazitäten nötig.
  • Die Kapazität pro Kaserne: Eine typische Kaserne für die Grundausbildung kann je nach Größe zwischen 500 und 2.000 Soldaten aufnehmen. Nehmen wir einen Durchschnitt von 1.000 Soldaten pro Kaserne an, wären für 5.000 Freiwillige etwa 2,5 bis 5 Kasernen nötig, abhängig von der Verteilung und Nutzung.
  • Die bestehende Infrastruktur: Viele der verbleibenden Kasernen sind bereits ausgelastet oder auf spezialisierte Einheiten ausgerichtet. Verteidigungsminister Pistorius betonte, dass die aktuellen Kapazitäten für eine flächendeckende Wehrpflicht (z. B. einen ganzen Jahrgang) nicht ausreichen. Für eine kleinere, freiwillige Wehrpflicht könnten jedoch bestehende Standorte teilweise genutzt oder erweitert werden.
  • Zusätzliche Anforderungen: Neben Unterkünften werden Ausbildungsplätze (auch elektronischer Art) , Waffenlager, Fahrzeuge und Ausbilder benötigt. Ohne diese könnte der Bau neuer Kasernen allein nicht ausreichen.
  • Wenn bestehende Kasernen teilweise genutzt werden können, könnten ein bis drei zusätzliche Kasernen ausreichen, um die Kapazitäten zu ergänzen. Dies hängt davon ab, wie viel Platz an den aktuellen Standorten frei ist.
  • Bei einer Verdopplung der Zahl auf 10.000 Freiwillige könnten drei bis sechs neue Kasernen nötig sein, insbesondere wenn die Ausbildung dezentral organisiert wird, um regionale Zugänglichkeit zu gewährleisten.
  • Sollte die freiwillige Wehrpflicht stark angehoben werden (z. B. 20.000 bis 30.000 pro Jahr), wären zehn oder mehr neue Kasernen denkbar, ähnlich den Strukturen vor 2011, als die Bundeswehr deutlich größer war.

Was die Sache zusätzlich kompliziert macht ist nicht allein die Immobilienfrage. Experten wie André Wüstner vom Bundeswehrverband weisen darauf hin, dass nicht nur Kasernen fehlen, sondern auch die gesamte Infrastruktur, von den Musterungsstellen bis hin zur Ausrüstung neu aufgebaut werden müsste. Außerdem: Der Bau einer Kaserne dauert Jahre und kostet Hunderte Millionen Euro, was die Umsetzung verzögern könnte.

Quelle: LogReal Direkt
Bildquelle: Catella Real Estate AG

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