StartImmobilien„Wildcards“ erfordern Bestände für Krisensituationen

„Wildcards“ erfordern Bestände für Krisensituationen

Von Dr. Thomas Steinmüller, Afilog

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Am Abend des 28. Februar 2025 wurde der ukrainische Präsident von dem amerikanischen Präsidenten und dessen Vizepräsidenten vor laufender Kamera erniedrigt. Faktisch wurde dem Land die militärische Unterstützung entzogen. Bereits bei der Münchner Sicherheitskonferenz am 12. Februar trat der Vizepräsident mit verstörenden Aussagen auf.

Dr. Thomas Steinmüller
Dr. Thomas Steinmüller

Nun ist der Ernst der Lage klar: Nicht nur, dass Europa jetzt die entstandene Lücke schließen muss, so dies überhaupt möglich ist. Viel schlimmer ist aber, dass Russland Morgenluft für seinen Imperialismus sieht – unter Tolerierung der USA.

Wildcards

Eine Wildcard ist ein skizziertes Ereignis, das man unter aktuellen Bedingungen für ausgeschlossen hält. Dennoch sollten Wildcards betrachtet werden, alleine schon, um im Falle des Eintretens des Unwahrscheinlichen dennoch vorbereitet zu sein und „einen Plan in der Schublade zu haben“. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sind: Mauerfall (1989), 9/11 (2001), Finanzkrise (2008), Krim-Annexion (2014,) Corona-Virus (2020), Ukraine-Krieg (2022), Assad-Sturz in Syrien (2024), Seitenwechsel USA (2025). Manche dieser Ereignisse waren absehbar, aber viele völlig überraschend. Sie zeigen aber: es kann immer etwas passieren und es passiert auch. Oder anders gesagt: erstens kommt es anders zweitens als man denkt.

Weitere Analyse

Die europäische Sicherheitspolitik hat sich seit dem Ende des 2. Weltkrieges auf den Schutzschirm der Amerikaner verlassen und leider auch die zahlreichen Aufforderungen zur Erhöhung der Militär-Ausgaben ignoriert. Jetzt scheinen die Amerikaner mit ihrer Geduld – und offensichtlich auch mit ihrem Geld – am Ende zu sein.

Europa muss sich auf ein Ende der NATO-Unterstützung einstellen und zudem auch weitere kriegerische Auseinandersetzungen in Europa in Betracht ziehen, ohne darauf auch nur ansatzweise vorbereitet zu sein.

Logistikimmobilie

Die Logistikimmobilie spielt eine überragende Rolle bei der notwendigen Vorbereitung.

• Reindustrialisierung

Die Reindustrialisierung betrifft sämtliche Bereiche sicherheitsrelevanter Produkte und Komponenten, die heute noch vielfach aus China und den USA bezogen werden. Für den Aufbau solcher Industriestrukturen sind zusätzliche Lagerkapazitäten auf allen Ebenen – vom Rohstoff bis zum Fertigprodukt – notwendig.

Dazu zählen aber auch Produktionsaufbauten aufgrund von tarifären Vorgaben, wie aktuell etwa der chinesischen Automobilindustrie oder der amerikanischen Rüstungsindustrie.

Das ist nur ein begrenzter Bereich zur Arbeit mit Wildcards, hier deuten sich langfristige Entwicklungen an, über deren zeitlichen Eintritt lediglich Unsicherheit besteht. Allerdings stellt das aktuelle Aufrüstungsprogramm schon etwas, dar, was vor 5 Jahren nicht ansatzweise vorstellbar war.

• Störungen von Lieferketten

Die geopolitischen Spannungen werden zu Störungen der globalen Lieferketten führen, so dass weit höhere betriebliche Sicherheitsbestände geführt werden müssen, um auch mehrwöchige Lieferverzögerungen oder auch Lieferumstellungen ausgleichen zu können. Hierbei handelt es sich nicht nur um physische Störungen, zunehmend auch aus den Klimafolgen resultierend, sondern auch um zolltechnische Entscheidungen einzelner Länder.

Dies ist ein Bereich, der mit Wildcards analysiert werden kann. Beispiel wären: Was passiert, wenn Hamburg überflutet wird? Was passiert, wenn es ein Erdbeben in der Eifel gibt? Aber auch: Was passiert, wenn das zentrale Logistikzentrum abbrennt? Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt – und das ist auch gut so: das Denken des Unmöglichen schärft en Blick für die Schwachstellen des Bestehenden.

• Sicherstellung der Bevölkerungsversorgung

Nach der Blockade Berlins im Jahre 1948 wurde eine sogenannte Senatsreserve aufgebaut, die die Berliner Bevölkerung für 180 Tage mit allem versorgen konnte, was für das Leben notwendig war – von der Kohle bis zur Kartoffel. Diese Senatsreserve wurde erst 1989 abgebaut und umfasste einen Lagerwert von umgerechnet 2 Mrd. Euro und war auf 700 nicht öffentlich bekannte Lagerorte in der Stadt verteilt und wurde – etwa im Bereich der Lebensmittel – regelmäßig und rollierend aktualisiert.

Eine ähnliche Absicherung muss jetzt vor dem Hintergrund der geopolitischen Entwicklungen wieder bundes- bzw. europaweit aufgebaut werden – und zwar finanziert durch den Staat als Teil der diversen Sondervermögen.

Derzeit lagert das Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in der zivilen Notfallreserve (ZNR) lediglich Reis, Hülsenfrüchte und Kondensmilch sowie in der „Bundesreserve Getreide“ Weizen, Roggen und Hafer ein. Der Wert wird mit etwa 200 Mio. Euro bundesweit – ein Zehntel dessen, was die damalige Senatsreserve nur für Berlin (West) vorhielt – in ca. 150 geheimen Lagerstandorten angenommen.

Vom Volumen her übersteigt dieser ausbaubedürftige Bereich alles bisher Dagewesene und ist ein Sockelbestand, der durch die diversen Unternehmensbestände in Produktion und Handel ergänzt wird.

Wildcards kommen her kaum zum Einsatz, lediglich für Fragen wie etwa: Was passiert, wenn das Lager durch massive Regenfälle nicht verkehrlich zugänglich ist?

Zusammengefasst zeigt dies, dass die Kapazitäten im Logistikimmobilienbereich eines massiven Ausbaus bedürfen. Neben einer Staatsreserve müssen die betrieblichen Reserven dauerhaft ausgebaut werden. Und Wildcards stellen eine sinnvolle Ergänzung des Instrumentariums zur Unternehmensführung und auch der Politik dar.

Quelle und Bildquelle: Afilog

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