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Special : : Industrie Industrie 4.0 = Handelslogistik 2.0? Neue Anforderungen durch die Hybridisierung der Wertschöpfungskette Von Prof. Dr. Christian Kille Industrie 4.0 steht derzeit im Mittelpunkt besondere Rolle zu. Er proftiert in der aufommenden vieler Diskussionen zur Veränderung hybriden Wertschöpfungskette im Rahmen der Industrie der Wirtschaft insgesamt und der Unter- 4.0-Initiative damit ebenso. nehmensstrategie speziell – nicht nur bei Produktionsunternehmen. Dabei steht neben Dies kann unterschiedliche Ausprägungen haben: der Einführung neuer Technologien auch :: Eine einfache Konfektionierung wie das Beipacken die sich ändernde Gestaltung der Wert- von Werbematerialien oder dem geeigneten Stecker schöpfungs kette im Mittelpunkt. Denn durch für die Stromversorgung. Dabei wird das Produkt an Industrie 4.0 wird ebenso angestrebt, dass sich nur ergänzt und in seinem Wesen nicht oder nur dem immer individuelleren und unberechen- geringfügig verändert. Meist kann es wieder rückgän- bareren Bedarf des Kunden begegnet wird. gig gemacht werden, ohne dass es bei Weiterverkauf merklich ist. Die damit zusammenhängende Wert- Eine Richtung ist die Orientierung am Produktnutzen schöpfung ist eher klein. für den Kunden. Eine andere die Individualisierung der :: Eine Anpassung des Produkts bspw. durch Software- Produkte. Beides wird unter der Hybridisierung der Wert- aufspielung oder Gravuren. Dabei wird das Produkt schöpfungskette zusammengefasst. Dies hat nicht nur soweit verändert, dass es vom Rückgaberecht aus- große Auswirkungen auf die Logistik in der Produktion, geschlossen ist. Diese Veränderung wird jedoch am sondern auch auf die im Handel. Denn die Idee der Hyb- fertigen Produkt vorgenommen, womit es auch vor- ridisierung erobert kontinuierlich neue Produktbereiche her schon nahezu verkaufsfähig ist. Auch hier ist der und Marktsegmente, auch vermehrt im Konsumgüter- Wertschöpfungsanteil relativ niedrig. markt. :: Eine Fertigstellung des Produkts durch kundenspezi- Bereits vor dreißig Jahren nahm diese Individualisie- fsche Fertigung. Hierbei wird aus einzelnen Modulen rung Einzug in die deutsche Produktion: Mit der Bestel- oder durch spezifsche Produktionsprozesse das End- lung von Automobilen nach Kundenwunsch wurde der produkt nach den Wünschen des Kunden gefertigt. Die Autokauf zu einem Erlebnis – und die deutsche Automo- Idee stammt aus der Automobilindustrie und wird auf bilindustrie blieb weltweit führend. Ähnlich hat sich der die Konsumgüterindustrie übertragen. Maschinenbau neu aufgestellt. Nun werden jedoch viele der langlebigen Konsumgüter bspw. der Elektronik-, Spiel- Je nach Ausprägung der Individualisierung und Übernah- waren- oder Möbelbranche zu einem großen Teil nicht me der Fertigungsaufgaben hat dies elementare Auswir- mehr in Deutschland gefertigt, sondern in Osteuropa kungen auf die Immobilie wie auch den Standort. und Fernost. Durch die geringe Bereitschaft, auf diese Art Da das Personal eine immer kritischere Ressource der Produkte lange zu warten, ist eine Individualisierung wird, steigt sicherlich die Attraktivität von B-Lagen. Denn in der Produktion nicht sinnvoll. Die Individualisierung viele der Logistikbetreiber bspw. in der Region von Bad kann damit nur vor Ort in der Nähe der Konsumenten Hersfeld klagen bereits jetzt über fehlendes Personal. stattfnden. Da der spezifsche Bedarf bekanntermaßen Nicht alle Standorte in sogenannten B-Lagen werden über den Handel erfasst wird, fällt dem Handel hier eine davon proftieren, sondern hauptsächlich die mit „alter“ 10 LogReal.direkt Log.Real_2014/1 pro2.indd 10 11.03.14 17:46
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