Von Dr. Thomas Steinmüller, Afilog

Regenwasser wird in aller erster Linie als ein Ereignis angesehen, vor dem eine Logistikimmobilie geschützt werden muss. Dachentwässerungssysteme mit Fallrohren und Sickergruben sind heute Standard, in Einzelfällen wird das Regenwasser zudem zwischengespeichert, um die Brauchwasserversorgung der Immobilie zu bewerkstelligen und damit den Frischwasserverbrauch zu reduzieren. Auch werden die gepflasterten Freiflächen mit Entwässerungssystemen gegen Überschwemmungen ausgestattet.
Zunehmend sehen wir uns aber in vielen Regionen dem verstärkten Aufkommen von massiven Regenfällen mit sehr geringer Wolkenbewegung ausgesetzt, so dass in sehr kurzer Zeit sehr große Niederschlagsmengen entstehen können, die die bestehenden Systeme überfordern.
Die kommunalen Wasserversorgungssysteme sind mit diesen Regenmengen überfordert: ab einem bestimmten Punkt steigt das Wasser aus dem Kanalisationssystem auf und überflutet Straßen und Keller.
Genauso zunehmend finden wir ebenfalls langandauernde Trockenperioden ohne jedweden Niederschlag, die die Trinkwasserversorgung vor groß Herausforderungen stellen, etwa in Barcelona oder auch im deutschen Brandenburg. Ebenso leiden die Landwirtschaft und weitere Bereiche der Wirtschaft, die beispielsweise durch niedrige Flusspegelstände nicht mehr wie gewohnt mit Binnenschiffen versorgt werden können. Oder die Elektrizitätswirtschaft (wie in Frankreich), die zur Kühlung der Atomkraftwerke auf ausreichende Pegelständer der Flüsse angewiesen sind.
Welchen Beitrag die Logistikimmobilie leisten könnte:
- Speicherung des Regenwassers der Logistikimmobilie in geschlossenen Reservoiren, um einerseits die Kanalisationssystem zu entlasten und zudem den kostenlosen Rohstoff des Regenwassers für Perioden der Trockenheit vorzuhalten. Hier wird die Finanzierung durch den Eigentümer im Vordergrund stehen.
- Bereitstellung zusätzlicher Wasserspeichermöglichkeiten zur Ergänzung der meist kommunalen Kanalisationssysteme als Expansionspotential für Starkregenfälle. Hier besteht die Finanzierungsmöglichkeit durch die Öffentlichkeit und damit eine zusätzliche Einnahmequelle für Eigentümer. Zudem stellte dies eine erhebliche Verbesserung für die Bevölkerung dar, denn eine solch ausgestattete Logistikimmobilie würde die Gefahr überflutete Keller eben dieser in der Nachbarschaft befindlichen Bevölkerung reduzieren können – und damit Ansiedlungsbedenken kompensieren können.
- Nutzung des gespeicherten Regenwassers zur Energiespeicherung, indem die gespeicherten Wassermassen durch erneuerbare Energien auf ein höheres Niveau gepumpt werden und bei Bedarf zur Energieproduktion eingesetzt werde, indem die Schwerkraft eine Turbine antreibt.
Dass alles dies keine Utopie bleiben muss, zeigen folgende Beispiele:
Die G-Cans (Metropolitan Area Outer Underground Discharge Channels) wurden ab 1992 nördlich von Tokio zur Pufferung und kontrollierten Abführung der auftretenden Wassermassen während des Durchzuges von Taifunen gebaut.
In einer Tiefe von 50 Metern unter der Erdoberfläche sind fünf Kavernen aus Beton mit einer Höhe von 65 Metern × 32 Metern Breite angelegt. Mit ihren 59 mächtigen Stützpfeilern bilden diese unterirdischen Wasserspeicher große Hallen, die an die Architektur von Kathedralen erinnern. 6,5 Kilometer unterirdischer Tunnel mit einem Durchmesser von bis zu 10 Metern verbinden die fünf Betonkübel. Ein Pumpensystem sorgt für den Abtransport des Wassers in den Fluss Edogawa, welcher in den Pazifik mündet. Mit einer Pumpenleistung von 10 MW können auf diese Weise 200 Tonnen Wasser pro Sekunde aus der Stadt in den Fluss gepumpt werden.
Das Strategic Mega Reservoirs Project aus Katar zeigt, dass dort zur Speicherung des durch Meerwasserentsalzung erzeugte Trinkwasser einzelne Speicher mit den Abmessungen 150 Metern Breite × 300 Metern Länge × 12 Metern Tiefe die Grundlage bilden. An fünf Standorten im Großraum Doha entstehen neue Megareservoirs mit integrierten Pumpstationen und über 650 km miteinander verbundenen Wasserleitungen.
Die Reservoirs und das Rohrleitungsnetz mit den dazugehörigen Pumpstationen werden bis zu 17 Millionen Kubikmeter strategische Trinkwasserreserven bereitstellen. Zwischen den unabhängigen Wasser- und Kraftwerken wird ein riesiges Ringleitungssystem errichtet, das den Wasserfluss von Norden nach Süden und umgekehrt ermöglicht und so unabhängig von der Wasserverfügbarkeit jeden Ort in Ost-Katar erreichen kann.
Die Bewältigung der Herausforderung der Regenwassernutzung zeigt – neben der Stromerzeugung und -speicherung und der Schutzfunktion – das Potenzial der Systemfunktionalität von Logistikimmobilien.



