- Erhebliche Unterschiede auf Länder- und Sektorebene
- Deutschland: Anteil derer, die Markt in einer frühen Aufschwungphase sehen fällt deutlich von 40 % auf 29 %

Im aktuellen RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) fiel der Hauptwert des Commercial Property Sentiment Index (CPSI) für Europa im dritten Quartal mit einem Wert von -7 leicht negativer aus als im zweiten Quartal mit -4. Insgesamt bewegen sich die globalen und europäischen Ergebnisse seit 2008 weitgehend analog. Die aktuelle Entwicklung zeigt jedoch eine leichte Abweichung, da sich der globale Index – wenn auch nur geringfügig – von -6 auf -4 weiter verbessert.
Die Rückmeldungen der Befragten zeigen, dass die Stimmung in Europa weiterhin durch das schleppende makroökonomische Umfeld belastet wird, da das Wirtschaftswachstum in den meisten Märkten verhalten bleibt. Zudem wirkt sich die geringe Spanne zwischen Immobilienrenditen und Staatsanleiherenditen ebenfalls auf die Stimmung aus.
Die aggregierten europäischen Ergebnisse verdecken aber weiterhin unterschiedliche Entwicklungen auf Länderebene. Wenig überraschend bleibt die Stimmung in Frankreich angesichts der anhaltenden politischen Herausforderungen am negativsten. Hier erreicht der CPSI einen Wert von -40 nach -31 im zweiten Quartal. Das Bild in Deutschland ist mit einem CPSI von -19 etwas weniger pessimistisch (Q2: -12). In Großbritannien hat sich die Stimmung hingegen von -4 auf -11 deutlich verschlechtert, da die Besorgnis über die fiskalische Lage und das bevorstehende Haushaltsbudget zunimmt. Am anderen Ende des Spektrums bleibt Spanien der Markt mit der positivsten Entwicklung. Gestützt durch ein allgemein freundliches makroökonomisches Umfeld stieg der Wert von +27 auf +30. Portugal (+21), Griechenland (+15) und Irland (+8) folgen mit ebenfalls positiven CPSI-Werten.
Stimmung bei Nutzern und Investoren bleibt negativ
Bemerkenswert ist, dass sowohl der gesamteuropäische Nutzer- (Occupier Sentiment Index, OSI) als auch der Investorenindex (Investment Sentiment Index, ISI) in der jüngsten Umfrage leicht zurückgingen und Werte von -9 bzw. -6 erreichten. Dieses Bild spiegelt sich auch in vielen der europaweiten Daten wider. Der Kontrast zwischen den Segmenten zeigt sich besonders deutlich bei der Nachfrage: Die Gesamtnachfrage der Nutzer (Netto-Saldo) fiel nach einem leicht positiven Ergebnis im zweiten Quartal (+1 %) wieder in den negativen Bereich (-3 %) zurück. Das positive Ergebnis in Q2 war das erste seit dem zweiten Quartal 2022, aber die Erholung erwies sich jedoch als nur von kurzer Dauer. Im Gegensatz dazu verzeichnete die Investitionsnachfrage (Netto-Saldo) europaweit bereits das fünfte Quartal in Folge ein positives Ergebnis. Zwar blieben die Werte jeweils einstellig, dennoch markiert dies eine deutliche Trendwende. Dieses Bild deckt sich weitgehend mit vorläufigen Daten von Real Capital Analytics, wonach die europäischen Investitionsvolumina im dritten Quartal im Jahresvergleich um 2 % gestiegen sind, gestützt durch einen Zuwachs von 2 % im Quartalsvergleich.
Kreditbedingungen verbessern sich weiter
Die Widerstandsfähigkeit der Investitionsanfragen spiegelt sich in einer weiteren Verbesserung des Indikators für die Kreditbedingungen wider – wenn auch in geringerem Umfang als im zweiten Quartal. Zum Hintergrund: Die EZB hielt ihre Geldpolitik im dritten Quartal stabil, während die Bank of England den Leitzins um 25 Basispunkte senkte. Die Entwicklung an den wichtigsten Anleihemärkten war hingegen negativer. Zwar sank der Anteil der Befragten, die eine Verbesserung des Kreditumfelds meldeten, von 42 % in Q2 auf jetzt 31 % – dieser Wert übertraf jedoch weiterhin deutlich die 14 %, die von strengeren Kreditbedingungen berichteten.
Stimmung gegenüber alternativen Anlageklassen bleibt am positivsten
Bei den Zwölfmonats-Kapitalwerterwartungen in Europa nach Sektoren zeigen sich – wie erwartet – alternative Anlageklassen weiterhin mit der positivsten Stimmung, neben erstklassigen Industrieobjekten. Datenzentren bleiben das bevorzugte Segment, gefolgt von Mehrfamilienhäusern und Studierendenwohnen – insbesondere, wenn auch die Mieterwartungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig zeigt das Feedback, dass der Abwärtsdruck auf zweitklassige Büro- und Einzelhandelsimmobilien kaum nachlässt.
Auf Länderebene steht wenig überraschend Spanien auch bei den Kapitalwerterwartungen an der Spitze: Die Befragten erwarten Zuwächse von 5 % bis 7 % in den Segmenten Mehrfamilienhäuser, Datenzentren und Studierendenwohnen. Diese positive Erwartung erstreckt sich auch auf traditionelle Sektoren, wobei erstklassige Büro-, Industrie- und Einzelhandelsobjekte ein solides Wachstum verzeichnen sollen. Zweitklassige Immobilien dürften dagegen weitgehend stabil bleiben. In Frankreich fällt der Ausblick zurückhaltender aus: Hier wird nur in wenigen Segmenten – abgesehen von Datenzentren – noch Potenzial für Preissteigerungen gesehen. Erstklassige Büros dürften ihren Wert halten, während der Druck auf zweitklassige Objekte in den kommenden 12 Monaten voraussichtlich zunimmt.
Deutschland: Gesamtindex sinkt von -12 auf -19, Investorenstimmung gibt ebenfalls von -12 auf -17 nach / Auch Mieterstimmung verliert von -11 auf -20
Der Gesamtindex CPSI für Deutschland fällt im dritten Quartal von -12 auf -19. Im Vorquartal gaben 40 % der Befragten an, dass sich der Zyklus in einer frühen Aufschwungsphase befindet, jetzt gibt der Wert nach und fällt auf 29 %. Waren es im Vorquartal 48 % der Befragten, die sagten, den Tiefpunkt im Zyklus erreicht zu haben, sind es aktuell 52 %. Die Investorenstimmung gibt von -12 auf -17 nach; die Mieterstimmung, die zuvor deutlich stieg, sinkt wieder von -11 auf -20.
Die Investorennachfrage über alle Assetklassen ist ist weiterhin im negativen Bereich, steigt dabei leicht und erreicht ein Nettosaldo von -3 % (Q2: -4 %). Bei Büroimmobilien allerdings sinkt der Nettosaldo deutlich und verzeichnet jetzt einen Wert von -15 % (Q2: 0 %). Bei Industrieimmobilien hingegen steigt der Nettosaldo der Investorennachfrage von -2 % auf +15 % und bei Einzelhandelsimmobilien steigt er leicht von -10 % auf -9 %. Der Nettosaldo der Mieternachfrage über alle Assetklassen sinkt und erreicht im dritten Quartal einen Wert von -13 % (Q2: -7 %). Dabei gab die Nutzernachfrage nach Büros von -2 % auf -9 % nach. Auch Industrieimmobilien fielen von -5 % auf -8 % und Einzelhandelsimmobilien von -16 % auf -22 %.
Bei der Einschätzung von Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort haben sich kaum Veränderungen ergeben; als teuer schätzen ihn 44 % (Q2: 43 %) ein, und die Zahl derer, die die Preise als angemessen ansehen, ist mit 45 % fast konstant geblieben (Q2: 46 %).
Fazit Deutschland: Abwarten statt Aufbruch / Der „Bauturbo“ zündet im gewerblichen Immobilienmarkt derzeit noch nicht
Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland: „Strukturelle, wirtschaftliche und regulatorische Hemmnisse bremsen die Entwicklung weiterhin spürbar. Die von der RICS beobachtete anhaltende Verunsicherung betrifft sowohl Investoren als auch Nutzer und prägt das Marktgeschehen auf weiter Front. Besonders deutlich fällt dies bei den Mieterwartungen aus, die sich über alle Assetklassen hinweg verschlechtert haben. Fragen nach zukünftigen Flächenanfragen, hybriden Arbeitsformen sowie Umbau- und Sanierungspflichten, aber auch die gesamtwirtschaftliche Situation, spielen weiterhin eine große Rolle. Zwar bieten die gesunkenen Preise attraktive Einstiegsmöglichkeiten, doch Unsicherheiten über die weitere Zinsentwicklung und mögliche Bewertungsanpassungen bremsen Investitionsentscheidungen. Das Umfeld bleibt weiterhin schwierig, trotz vereinzelt positiver Einzelbeispiele.“
Quelle: Royal Institution of Chartered Surveyors



