StartImmobilienGeopolitik: Der nächste große Treiber für Logistikimmobilien

Geopolitik: Der nächste große Treiber für Logistikimmobilien

Seit Jahren profitiert der europäische Logistikimmobiliensektor von strukturellen Rückenwinden: zunehmende Verbreitung des E-Commerce, Automatisierung, ESG-Regulierung und chronische Flächenknappheit. Nach dem pandemiebedingten Aufschwung und der anschließenden Marktkorrektur hätte sich die Lage jedoch leicht in Richtung Marktabschwächung verschieben können. Stattdessen steht der Markt nun am Beginn eines neuen Zyklus, der nicht nur von der Verbrauchernachfrage oder Versorgungsengpässen geprägt sein dürfte, sondern auch von Geopolitik und Fiskalpolitik.

Daniel Tomaselli

„Unsere neueste Analyse weist auf einen oft übersehenen Nachfragetreiber hin: den Anstieg der Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben, der die Industrie- und Logistikmärkte Europas ab 2026 prägen wird. Insbesondere für Deutschland bedeutet dies einen Paradigmenwechsel“, argumentiert Daniel Tomaselli, Manager of Global Real Estate Research bei Principal Real Estate.

Das Ende der Sparpolitik – und ihre Auswirkungen auf die Logistik

„Jahrzehntelang war Deutschland ein Synonym für Haushaltsdisziplin. Die Schuldenbremse begrenzte Defizite und sorgte dafür, dass die Staatsverschuldung stetig zurückging. Diese Ära ist vorbei“, betont Tomaselli. Angesichts der Energiekrise, geopolitischer Risiken und der Erkenntnis, dass die nationale Sicherheit nicht ausgelagert werden könne, hat Berlin ein 12-Jahres-Paket in Höhe von einer Billion Euro geschnürt, mit dem sowohl Verteidigung als auch Infrastruktur finanziert werden sollen.

Nach Ansicht Tomasellis sei dieser Wandel für Logistikunternehmen nicht abstrakt, sondern sehr greifbar. Verteidigungscluster – von München bis Bremen, von Hamburg bis Stuttgart – stünden vor einer Expansion. Dort seien nicht nur Rüstungsunternehmen ansässig, sondern auch fortschrittliche Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungstechnologieunternehmen mit globalen Lieferketten.
„Ihr Wachstum erfordert moderne Logistikkapazitäten: Montagehallen, Distributionszentren, Spezial-Lager. Und hier liegt der Knackpunkt: Die Leerstandsquoten in Märkten wie München sind mit rund 1,5 Prozent bereits hauchdünn, wobei die modernen Lagerflächen auf lediglich zwei Millionen Quadratmeter geschätzt werden. Die Nachfrage steht kurz davor, mit der Angebotsknappheit zu kollidieren“, sagt Tomaselli.

Auswirkungen über die Kasernen hinaus

Dabei sei es ein Fehler, Verteidigungsausgaben als Nischenfaktor zu betrachten. „Historisch gesehen hat Militärtechnologie zivile Innovationen hervorgebracht – vom GPS bis zum Internet. Heute könnten Investitionen in Automatisierung, KI und Robotik für Verteidigungsanwendungen ähnliche Fortschritte in der kommerziellen Lagerhaltung und Logistik beschleunigen“, so der Experte. Hinzu komme die Umnutzung von Industriegeländen – einige davon aus dem kriselnden deutschen Automobilsektor –, sodass nicht nur mehr Fläche benötigt werde, sondern auch andere Arten von Flächen: automatisierter, energieeffizienter und resilienter.

„Für Investoren ist dies nicht nur eine Wachstumsstory, sondern eine Transformationsstory. Die Wertschöpfungsketten werden neu gestaltet und Risiko-Rendite-Profile neu kalibriert.“

Was bedeutet das für den deutschen Logistiksektor?

„Für die deutsche Logistikbranche ist die Schlussfolgerung klar: Die Verteidigungs- und Infrastrukturwelle kommt, und die Branche muss sich darauf vorbereiten“, hebt Tomaselli hervor. Investoren sollten diesen Wendepunkt erkennen. Er geht davon aus, dass die Spitzenrenditen sich bei etwa 4,3 Prozent stabilisieren würden, während die Mieten weiterhin über die Inflationsrate steigen dürften. Da die öffentlichen Ausgaben gesichert seien, steige die Nachfragekurve steil an. Entwickler stünden sowohl vor Chancen als auch vor Einschränkungen. ESG-Regulatorik und die Flächenknappheit begrenze das Angebotswachstum, aber genau diese Knappheit mache gut gelegene, moderne Bestände zu einer erstklassigen Assetklasse.

Mit Blick auf die Nutzer betont Tomaselli, dass diese strategisch vorgehen müssten. „Ob Verteidigungszulieferer, Logistikdienstleister oder E-Commerce-Unternehmen – der Kampf um Flächen, insbesondere um kleinere, automatisierte Einheiten in wichtigen Drehkreuzen, wird sich verschärfen.“ Der deutsche Markt bewegt sich von einer Phase der Vorsicht zu einer Phase der Mobilisierung. Logistikimmobilien unterstützen nicht nur die Wirtschaft, sondern stärken auch die geopolitische Widerstandsfähigkeit Europas.

„Der Logistiksektor ist seit langem der stille Outperformer unter den Gewerbeimmobilien. Aber im kommenden Jahrzehnt könnte er auch zu einer eigenständigen kritischen Infrastruktur werden“, resümiert Tomaselli. Deutschland mit seiner neuen Finanzpolitik sei bereit, dabei eine zentrale Rolle zu übernehmen. „Die Frage ist, ob die Branche bereit ist, diese Chance zu nutzen – oder ob sie Gefahr läuft, von einem Nachfrageanstieg überrascht zu werden, den sie hätte kommen sehen müssen.“

Quelle und Bildquelle: Principal Real Estate GmbH

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