Page 9 - LogReal.Direkt_Ausgabe-2.2024
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Logistikimmobilien
merksam liest, wird feststellen, dass langfristige Progno-
sen zuversichtlich sind. Durch die lange Vorlaufzeit wäre
es also jetzt an der Zeit, sich die notwendigen Kapazitäten
für das erwartete starke Wachstum für 2027 – 2028 zu si-
chern.
Steinmüller:
Das sehe ich genauso. E-Commerce ist ein Zeichen des
Strukturwandels, ausgelöst durch Technologie und ver-
änderte Konsummuster der Generation Z. Was übrigens
den stationären Handel angeht: Ein Kaufhauskonzern wie
Galeria Kaufhof wird nur dann eine Chance haben, wenn
er das Geschäftsmodell künftig auf Daten und auf Logis-
tik fokussiert. Die Nähe zu den Konsumenten macht die Dr. Thomas Steinmüller
Kaufhäuser in den Innenstadtlagen nämlich zu hervorra-
genden Lager- und Verteilzentren. Metropolen, so wie wir die heute kennen, noch eine Zu-
kunft haben werden. Ich bin davon überzeugt, dass die
Reindustrialisierung treibt Flächenbedarf Zukunft dem Metaversum gehören wird.
Neben dem E-Commerce ist auch die von brüchigen Lie-
ferketten und globalen geopolitischen Risiken ausgelöste Paetzmann:
Reindustrialisierung Europas und Deutschlands – Stich- Das sehe ich anders, denn ich erachte die persönliche Be-
wort Re-/Nearshoring – ein wichtiger Treiber des Flä- gegnung weiterhin als existentiell. Eine wie auch immer
chenbedarfs. geartete „Metavers-Zukunft“ kann das nicht ersetzen. Di-
gitale Welten kuratieren Begegnung mittels Algorithmen.
Menschen werden in Echokammern einsortiert, in denen
? Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, das heraufdämmernde die Entwicklung durch Begegnung mit anderen Ideen * Das Metaversum ist ein
Metaversum*: Wie werden diese Entwicklungen die Logistik- nicht stattfinden kann. Jeder Spaziergang durch Berlin, Konzept, bei dem ein digitaler
Raum durch das Zusammen-
immobilienbranche beeinflussen? jeder Restaurant- oder Museumsbesuch, jede zufällige wirken virtueller, erweiterter
und physischer Realität
entsteht (Quelle: wikipedia.de,
Begegnung bereichert mich, weil ich mit allen Sinnen die aufgerufen am 12.04.2024).
Steinmüller: Stadt und ihre Vielfalt erlebe. Der urbane Lebensraum
Wir denken momentan zwar über die Zukunft der Im- mit ihren zufälligen Begegnungen wirkt als Katalysator
mobilienwelt nach, legen dabei aber immer noch die Pa- des Fortschritts.
rameter der Vergangenheit an und glauben, dass sich dar-
an nichts ändern wird. Die Digitalisierung deutet jedoch Es ist eben nicht dasselbe, ob ich etwas durch eine „Virtual-
eindeutig in die Richtung großer Veränderungen. Wir Reality-Brille“ erlebe oder ob ich das spezifische Klima,
müssen die Szenarien erweitern. Welche Rolle spielt die den Geruch oder das spezielle Hintergrundgeräusch der
Immobilienwelt im Metaversum, dieser immer noch sehr Stadt wahrnehme.
futuristisch anmutenden virtuellen Sphäre der Zukunft?
Die Welt wird sicher digitaler werden, doch virtuelle Rea-
Künstliche Intelligenz und virtuelle Räume werden vieles lität kann das städtische Leben nicht ersetzen.
beschleunigen. Im bereits angebrochenen digitalen Zeit-
alter ist es nicht mehr notwendig, Menschen an einem Ort Auch im Rahmen unserer Bemühungen um Nachhaltig-
zu versammeln. Dezentrale Strukturen können über Platt- keit und Resilienz, gegen die Folgen des Klimawandels,
formen skaliert werden, physische Anwesenheit ist nicht liegt die Zukunft eher in der Stadt und deren Verdichtung
mehr erforderlich. Remote Work, E-Commerce, E-Lear- statt in einer weiteren Zersiedelung des Landes. Das Kon-
ning etc. zeigen uns heute schon, wie es funktioniert. zept der 15-Minuten-Stadt mit neuen Mobilitätskonzep-
ten und dadurch gewonnenem grünen Lebensraum geht
Auflösung oder Verdichtung der Metropolen? für mich in die richtige Richtung.
Wenn physische Anwesenheit für viele Prozesse nicht
mehr erforderlich ist, stellt sich auch die Frage, ob unsere
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