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Editorial




















           Der Kummer mit der letzten Meile


           Bereits Ende Januar 2020 hat das Beratungsunterneh-  dass Pendler täglich bis zu elf Minuten länger für ihren
           men McKinsey in einer gemeinsamen Studie mit dem  Weg benötigen als es bereits heute der Fall ist.
           World Economic Forum prognostiziert, dass die Nach-
           frage  für  Last Mile  Services in  Innenstädten  bis  2030  Um  diese  Szenarien  zu  verhindern,  schlägt  das  Bera-
           weltweit um 78 Prozent steigen könnte, und das mit  tungshaus eine Reihe von Maßnahmen zur Entlastung
           überwiegend negativen Folgen für unser urbanes Le-  von Umwelt und Verkehr vor. Unter anderem empfiehlt
           ben.  Damals  nahmen  das  nur Umweltbewusste  zur  McKinsey den Einsatz von batterie- oder wasserstoff-
           Kenntnis. Das Coronavirus stand vor der Tür, die Welt  betriebenen Fahrzeugen sowie Nachtlieferungen und
           hatte andere Sorgen. Mit der jetzt vehement wieder  die  Nutzung  moderner  Technologien  wie  etwa  auto-
           einsetzenden Klimadebatte ist das Thema auf der politi-  matisierte Lieferroboter und fahrbare Paketboxen. Auch
           schen Agenda zurück.                         eine stärkere Zusammenarbeit verschiedener Anbieter
                                                        – beispielsweise mit gemeinsamen Paketboxen – könn-
           Das prognostizierte  Wachstum ist auf verschiedene  ten aus Perspektive des Unternehmens die Effizienz der
           wirtschaftliche und gesellschaftliche  Faktoren zurück-  Last-Mile-Lieferung erhöhen.
           zuführen. Diese Faktoren werden sich in den kommen-
           den Jahren global bemerkbar machen. So werden bis  Wir haben in dieser Ausgabe einige bereits vorhande-
           2030 etwa 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten  ne bzw. praktizierte Lösungen auf der letzten Meile für
           leben. Bereits 2021 werden zudem 2,1 Milliarden Men-  Sie zusammengestellt und aufbereitet. Fazit: Es tut sich
           schen ihre Waren hauptsächlich online einkaufen.  etwas auf dem Last Mile-Sektor, und das scheint auch
                                                        dringend notwendig. Nicht zuletzt angesichts steigen-
           Darüber hinaus geht McKinsey davon aus, dass der  der Preise für den CO2-intensiven Energieeinsatz ist das
           Anteil an Gütern des täglichen Bedarfs, die im Netz  nicht nur eine Frage der Lebensqualität in unseren Städ-
           geordert werden, jährlich um rund 10 Prozent stei-  ten, sondern auch eine Frage wirtschaftlicher Vernunft.
           gen wird. Das Wachstum im Onlinesegment soll auch
           Warengruppen betreffen, die derzeit im E-Commerce  Einen angenehmen Sommer wünscht Ihnen
           noch unterrepräsentiert sind. So könnten bis 2023 bis
           zu 32 Prozent der Möbelkäufe in den USA im Internet  Ihr
           stattfinden,  glaubt  McKinsey.  Dies  erhöhe  den Bedarf  Thomas Pool  |  Chefredakteur
           an Lieferungen auf der letzten Meile beziehungsweise
           an Same-Day-Delivery-Services. In der Studie prognosti-
           zieren die Autoren für diesen Bereich ein Wachstum von
           20 bis 40 Prozent.


           Das hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Um-
           welt und den innerstädtischen Verkehr. Die Zunahme an
           Last Mile-Diensten in den weltweit 100 größten Städten
           führt bis 2030 zu 36 Prozent mehr Lieferfahrzeugen auf
           den Straßen. Infolge dessen könnten die Staus in den In-
           nenstädten und die CO2-Emissionen um rund 25 Millio-
           nen Tonnen steigen. Rund 21 Prozent mehr Verkehrsbe-
           hinderungen sind bis 2030 zu erwarten. Das bedeutet,                            ©arnaud laqueyrie - stock.adobe.com


                                                                                                   LogReal.Direkt  3
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