Page 12 - LogReal.direkt_Ausgabe_3_2021
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Logistik
Dr. Sebastian Stiehm
ihre Topografie, Infrastruktur und das Wirtschaftsgefü- von Logistik-Lösungen nicht geht. Sie sind gefordert, die
ge vor Ort betrifft. Wenn also die Technologien vorhan- nötigen Rahmenbedingungen für die erwähnten Maß-
den sind – was muss dann jetzt passieren, wie kann dem nahmen und Innovationen zu schaffen. Wie zukunfts-
wachsenden Handlungsdruck begegnet werden? fähige Modelle in der Praxis aussehen können, zeigt das
Beispiel der Stadt Dortmund. Hier ist mit dem Projekt
Aspekte und Entwicklungen künftiger umsteiGern ein integrierter, passgenauer Netzwerk-
Mobilität ansatz entstanden, der Mikrodepots, Elektrofahrzeu-
ge, Ladezonen, Packstationen, effiziente Antriebe und
Urbane Logistik ist mittlerweile in vielen Städten und Nachtzustellung miteinander verbindet – bei einem
Kommunen etablierte Chefsache. Das ist grundsätzlich gleichzeitigen Abbau von Restriktionen und Regulari-
zu begrüßen, denn ähnlich wie der öffentliche Perso- en. Solche Kombinationen sind immer stadtspezifisch
nennahverkehr muss urbane Logistik strategisch und zu betrachten. Erfolgreiche Projekte aus weiteren Städ-
langfristig gestaltet und zwischen den unterschiedli- ten zeigen, dass es auch unter anderen Gegebenheiten
chen Stakeholdern vermittelt werden. Dabei sind auch funktioniert, etwa in Berlin, Düsseldorf und Hamburg.
die Aspekte und Entwicklungen künftiger Mobilität in
der Stadt zu berücksichtigen. Die Städte stehen damit Von solchen Pilotprojekten ausgehend können und
im Fokus dieser Kommunikations- und Entscheidungs- müssen Städte und Kommunen jetzt lernen und schnell
prozesse. Sie können und müssen als Treiber aktiv die langfristige Lösungen ermöglichen. Denn nicht nur die
Zielbilder entwickeln und die entsprechenden Projekte Technologien sind mittlerweile ausgereift – sie sind
steuern. Und genau das passiert derzeit leider noch zu auch erprobt und in vielen Pilotprojekten erfolgreich
wenig beziehungsweise zu verhalten. Denn Aufgabe umgesetzt. Hinzu kommt, dass diese praxisnahen Er-
der Städte und Kommunen ist es, die systemischen Kon- fahrungen inzwischen in einer Vielzahl von Leitfäden
zepte nicht nur jeweils nach Kosten, Wirksamkeit und festgehalten worden sind und auch zahlreiche Unter-
Akzeptanz zu prüfen, sondern auch auf Kompatibilität nehmen sich auf die Beratung und Umsetzung nicht
zueinander zu untersuchen. Darüber hinaus sollten sie nur von urbanen Logistik-Pilotprojekten, sondern auch
sicherstellen, dass sich technologische Konzepte und von dauerhaften Lösungen spezialisiert und bereits viel
Innovationen ergänzen. Ebenso ist zu prüfen, inwieweit Erfahrung gesammelt haben. Miteinander kommuni-
sich die Mobilitäts- und Logistiklösungen verknüpfen zieren, voneinander lernen und vor allem jetzt umset-
lassen. Zudem sollten auch die Möglichkeiten der digi- zen – das ist das Gebot der Stunde. Es gilt, mutig und
talen Vernetzung Berücksichtigung finden. konsequent nachhaltige Projekte für die letzte Meile zu
konzipieren. Hier haben alle Beteiligten viel zu bespre-
Bei der Vielzahl unterschiedlicher, möglicher Maßnah- chen und sollten kurzfristig handeln. Das Gute ist: Sie
men zur Gestaltung urbaner Logistik wird deutlich, dass können es auch. Und die Städte und Kommunen sind
es ohne die Kommunen als aktive Gestalter und Treiber diejenigen, die diese Prozesse anstoßen sollten.
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