Page 10 - LogReal.direkt_Ausgabe_3_2021
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Logistik
Kommunen als
Treiber
innovativer Last
Mile-Lösungen
Dr. Christian Jacobi
Von Dr. Christian Jacobi und Dr. Sebastian Stiehm, agiplan GmbH
Transporter in zweiter Reihe, überfüllte Straßen, ge- Und das hat Folgen: Das World Economic Forum sagt
stresste Fahrer: Wer zur Rush Hour in Deutschlands für die 100 größten Städte weltweit bis 2030 rund 36
Metropolen und Kommunen unterwegs ist, der erlebt, Prozent mehr Lieferfahrzeuge auf den Straßen voraus.
warum sich Bürger und lokale Wirtschaft nach Lösun- Infolge dessen könnten auch die CO2-Emissionen um
gen für die Verkehrs- und Emissionsproblematik seh- rund 25 Millionen Tonnen steigen und mehr Staus in
nen. Längst sollte eine nachhaltige und funktionieren- den Innenstädten entstehen. Als mögliche Gegenmaß-
de urbane Logistik elementarer Bestandteil einer Stadt nahmen sehen Experten unter anderem den Einsatz
sein, die es sich als Ziel setzt, einen lebenswerten, ge- batterie- oder wasserstoffbetriebener Fahrzeuge, dy-
sunden Raum und eine hohe Lebensqualität zu bieten. namische Verkehrssteuerung, Mikrodepots, Nachtliefe-
In diesem Punkt besteht ein grundsätzlicher Konsens rungen und die Nutzung moderner Technologien.
zwischen den verschiedenen Stakeholdern wie Verwal-
tung, Politik, Logistikwirtschaft, regionaler Wirtschaft Zugeschnitten auf die individuellen
und Bürgern. Wenn es allerdings darum geht, konkrete Bedürfnisse
Lösungen für akute Herausforderungen zu finden, tre- Zwei Thesen lassen sich an dieser Stelle ableiten. Ers-
ten vor dem Hintergrund unterschiedlicher Interessens- tens: Um die Herausforderungen der urbanen Logistik
lagen deutliche Dissonanzen zutage. Der Wunsch nach zu meistern, wird es nicht die eine Lösung, sondern
einer Same Day Delivery beispielsweise steht konträr ein ganzes Maßnahmenbündel mit unterschiedlichen
zum Ärger über den in der zweiten Reihe stehenden Lösungen und Herangehensweisen brauchen, zuge-
Sprinter. Solche Konflikte werden sich in Zukunft deut- schnitten auf die individuellen Bedürfnisse der Stadt.
lich verschärfen, so sie denn nicht angegangen und Zweitens: Diese Konflikte aufzulösen oder zumindest
gelöst werden. Denn das Paketaufkommen in Deutsch- einen konstruktiven und sinnvollen Kompromiss zu
land hat sich mehr als verdoppelt – von 1,7 Milliarden erarbeiten, ist die Aufgabe der Stakeholder, wobei den
Sendungen im Jahr 2000 auf derzeit mehr als 4 Milliar- Kommunen eine Schlüsselrolle zukommt.
den Sendungen jährlich und wird auch in Zukunft noch
weiter wachsen. A siehe Grafik auf Seite 11 Den Lösungen für die urbane Logistik von morgen spielt
die grundsätzliche Entwicklung durchaus in die Karten.
Pro Zustelltag werden in Deutschland über acht Millio- Viele Städte erarbeiten bereits ganzheitliche Mobilitäts-
nen Empfänger mit mehr als 13 Mio. Sendungen belie- und Logistikkonzepte und schnüren Maßnahmenpakete
fert. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus,, dass die- mit ausgewiesenen Ladezonen, dem Einsatz von E-Fahr-
ses Volumen bis 2025 um jährlich 7,5 Prozent wachsen zeugen und Lastenrädern oder Mikrodepots. Dabei hat
wird. jede Stadt ihre besonderen Gegebenheiten.
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