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Logistik


           INTERVIEW

           port? Und bei welchen Verladern hat DB Cargo konkret   Preisfindung und einfachen Abwicklung der Prozesse
           einen Beitrag zur CO2-Minimierung geleistet?   (Stichwort: „Navigator-App für den Güterverkehr“). Wie
                                                        lauten Ihre Angebote im Hinblick auf diese Herausfor-
           Nikutta:  Wir können mit zertifiziertem Ökostrom zu-  derungen?
           sätzlich komplett  CO2-freie Lieferketten realisieren,
           wenn der Kunde es will. Konkretes Beispiel ist die deut-  Nikutta: Wer ein Handy hat, kann auch einen Güterzug
           sche Stahlindustrie, die Branche will in ihrer Wertschöp-  bestellen. „Link2Rail“ ist eine digitale Plattform, bei der
           fung rund 30 Prozent CO2 einsparen. Das geht, wenn wir   mittlerweile bereits 1200 unserer Kunden angeschlossen
           in der gesamten Logistikkette den „CO2-Fußabdruck“   sind und digital ihre Lieferketten mit uns organisieren.
           signifikant reduzieren. So fährt beispielsweise Voestal-
           pine den „Bayernshuttle“. Täglich werden von DB Cargo   Dahinter steckt ein hoher technischer Aufwand, der sich
           Güterzüge  mit 100 Prozent Ökostrom von Linz nach   nun bezahlt macht: Wir haben alle 63.000 Güterwagen
           Landshut gefahren. Rund 300.000 Tonnen Stahl fahren   in Deutschland mit GPS und Telematik ausgerüstet. Mit
           mit dem Güterzug zu den Autoherstellern Audi und   unserem Kunden Salzgitter haben wir beispielsweise
           BMW nach Bayern. Auf der Rückfahrt wird dann Schrott   gemeinsam ein maßgeschneidertes digitales Disposi-
           zum Stahlhersteller mitgenommen. Wir kommen ganz   tionssystem geschaffen. Damit wird ein uraltes Güter-
           ohne Leerfahrten aus – und sind auch noch zertifiziert   zugproblem gelöst: Der Kunde braucht dann Güterwa-
           CO2-frei unterwegs. Oder in Zahlen: 6.500 Tonnen CO2   gen,  wenn die  Ware  versandfertig  ist. Und  vor  allem:
           weniger pro Jahr für die Atmosphäre!         Er muss wissen, welche  Transportkapazitäten wann
                                                        bereitstehen. Das ist jetzt gelöst. Wir sparen unnötige
           Ein anderes Beispiel: Gemeinsam mit Coca-Cola Euro-  Leerfahrten, schonen das Klima und haben eine besse-
           pean Partners haben wir ein echtes Logistiknetzwerk   re Auslastung für unsere Wagen. Damit stärken wir den
           in Deutschland geschaffen. Wir verbinden die 13 größ-  Schienengüterverkehr.
           ten Standorte mit dem Güterzug, die letzten Meilen
           werden mit dem Lkw erledigt. Das ist eine zielführende   ? Wie sehen Sie die Zukunft der DB Cargo in Europa?
           Partnerschaft und in der Konsumgüterbranche einma-
           lig in Deutschland. Coca-Cola spart so mehr als 3,6 Mio.   Nikutta: Sehr optimistisch. Denn gegen die Klimakrise
           Tonnenkilometer und rund 2.000 Tonnen CO2-Ausstoß.  gibt es keine Schutzimpfung. Und für Lieferketten kein
                                                        Homeoffice! Wir müssen über die aktuelle Corona-Krise
           ? In  Deutschland entstehen  ständig  neue Logistikflä-  hinausdenken. Speziell bei DB Cargo merken wir, dass
           chen – meistens ohne Gleisanschluss. Was muss Ihrer   die  Wirtschaft schon jetzt weiterläuft. Aber: Sie läuft
           Meinung nach passieren, damit sich das ändert? Ist   anders weiter. Nachhaltigkeit zählt! Die Menschen sind
           nicht auch in dieser Frage der Gesetzgeber gefragt? Ist   sensibler für Werte, für Stabilität geworden.
           die  neue  Gleisanschlussförderung  („Investitionsoffen-
           sive für einen besseren Zugang zur Schiene“) für Sie   Im  Konsum  zählt  nicht  mehr  Fast-Food,  sondern  Bio.
           ausreichend?                                 Beim Autokauf zählt plötzlich Elektro statt Diesel. Min-
                                                        destens aber Hybrid. Die Kunden schauen beim Konsum
           Nikutta: Aktuell gibt es in Deutschland rund 4000 Zu-  genauer  hin  –  wir  haben  alle  Chancen  –  dank  klima-
           gänge für Logistiker und Verlader in das Schienennetz   freundlicher Bahnlogistik!
           – das reicht vom großen Güterbahnhof bis hin zum Glei-
           sanschluss einer Firma. Die Gleisanschlussförderung ist   Mitten im Krisen-Dezember haben sich die EU-Staats-
           ein wichtiger Anreiz – bis zu 50 Prozent Zuschuss gibt es   und Regierungschefs in Sachen Klima auf ein gemeinsa-
           in den kommenden fünf Jahren vom Bund für Neubau   mes Vorgehen verständigt. So sollen die Klimaziele der
           oder Reaktivierung solcher Gleisanschlüsse.  Wir bera-  EU um weitere 15 Prozentpunkte verschärft, die Treib-
           ten gerne Firmen, aber auch Kommunen, wie der Sys-  hausgase bis 2030 um 55 Prozent reduziert werden.
           temzugang so einfach wie möglich funktionieren kann.
           Wichtig ist mir: Wir können auch ohne Gleisanschluss   Die Leitfrage nach der Krise wird sein: Wollen wir die
           Bahnlogistik anbieten.                       Verkehrszunahme auf der Straße, oder wollen wir sie auf
                                                        der Schiene? Ich sage: Wir brauchen dazu das Rad nicht
           ? Zentrale Forderungen der verladenden Wirtschaft an   neu zu erfinden. Wir müssen es nur aufs richtige Gleis
           DB Cargo lauten: Mehr Flexibilität, mehr Kundenorien-  setzen – und das sind wir, mit der klimafreundlichen
           tierung und ein modernes, digitales Tool zur schnellen   Schiene.


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