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Außerdem könnte mancher Arbeitgeber schon bald die
folgende Überlegung anstellen: Wenn gewisse Arbeiten
unkompliziert im Home Office erledigt werden können,
muss es doch auch möglich sein, dieselben Arbeiten in
kostengünstige Randregionen oder gar ins Ausland zu
verlagern. Eine Studie der Universität Basel kommt zu
solchen Schlüssen. Die Schweizer Ökonomen haben di-
Aus den Augen, aus dem Sinn: verse Berufe auf ihre Eignung für Telearbeit untersucht.
Vom Home Office ins No Office? Es zeigt sich, dass jene Berufe, die sich besonders gut
zu Hause erledigen lassen, in Zukunft zusehends unter
Druck geraten könnten.
Die normale Büroarbeit hat in Pandemiezeiten einen
Fraglich ist auch, ob ein häufiger Rückzug der Arbeitneh-
schlechten Ruf. Wer immer es ermöglichen kann, soll
mer von ihrem Arbeitsplatz im Unternehmen auf Dauer
seine Kontakte minimieren und im Home Office arbei-
klug ist. Es gibt Firmen, die ihren Mitarbeitern dringend
ten, so der Wunsch der Kanzlerin. Was früher ein „Pri-
empfehlen, nach dem Ende der Pandemie möglichst
vileg“ für Soloselbständige, Freelancer und digitale No-
rasch wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren, um
maden war, soll auch für viele Büroarbeitskräfte Alltag
dort ihren Wert unter Beweis zu stellen. Denn wer auch
werden. Gefolgt sind dieser Aufforderung nach Zahlen
des Branchenverbands Bitkom zehn Millionen Arbeit-
nehmer, also rund jeder vierte Beschäftigte.
Nun gibt es nicht Wenige, die darin eine Erlösung von
langwierigem Pendeln zwischen Wohnung und Arbeits-
platz sehen und die, weitgehend befreit vom Anzug-
und Krawattenzwang, aufblühen. Sie träumen davon,
auch in Post-Pandemie-Zeiten einen Großteil ihrer Ar-
beit mit wenig Anwesenheitspflicht in den Räumen des
Arbeitgebers verbringen zu können. Sie gelten gemein-
hin als Gewinner der Krise und werden beneidet von all
jenen Menschen, die ihre Arbeit nicht von zu Hause aus
erledigen können.
Andererseits schätzt nicht jeder das Arbeiten in den ei- in Zukunft lieber aus der Ferne arbeite, signalisiere
genen vier Wänden. Mal abgesehen von eventuell drän- damit, dass sein Job eigentlich an jedem Ort der Welt
gender Enge in der viel zu kleinen Wohnung, schlechten erledigt werden könne, frei nach dem Motto: Aus den
Internetverbindungen und quengelnden Kindern: Der Augen, aus dem Sinn! Wer also auch nach der Pande-
fehlende persönliche Kontakt zu den Kolleginnen und mie lieber so viel wie möglich im Home Office arbeiten
Kollegen, die nervtötend langweiligen Videokonferen- möchte, fährt unter Umständen einen riskanten Kurs.
zen und technische Unzulänglichkeiten zermürben
Da haben diejenigen, die direkt vor Ort gebraucht wer-
nicht wenige, die von selbstbestimmter Arbeitseintei-
den und denen die Alternative Home Office verschlos-
lung geträumt haben. Für diese Gruppe steht deshalb
sen ist, am Ende vielleicht die besseren Karten. Den Ser-
fest, dass sie wieder ins Büro gehen wird, sobald es auch
vice-Techniker, der von Manila oder Djakarta aus seine
nur annähernd möglich ist.
Arbeit erledigt, werden wir wohl so schnell nicht sehen.
Wie gehen die Arbeitgeber damit um? Wie bewerten
sie den Trend zum Home Office? Tatsache ist: Wer als
Bleiben Sie gesund und heiter!
Chef mit einem gewissen Kontrollverlust leben kann,
Thomas Pool | Chefredakteur
der wird festgestellt haben, dass es eigentlich ganz gut
läuft mit den Teleworkern, dass der eine oder andere Bü-
rotrakt teuer und überflüssig ist und dass Konferenzräu-
me toter Raum sind, wenn sie nur ein- oder zweimal am
Tag stundenweise belegt sind. Und da das Arbeiten in
den eigenen vier Wänden auch nach der Pandemie nicht
verschwinden wird, sehen sie eine Menge Einsparmög-
lichkeiten.