Page 10 - LogReal.direkt_Ausgabe_4_2019
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Logistikimmobilien

                  Warum Logistik­



                         funktionen in


            andere Assetklassen


                ein sickern müssen






           Von Prof. Dr. Thomas Beyerle,
           Managing Director Catella Property Valuation


           Folgende Geschichte zum Thema Logistik irgendwo in
           Deutschland: Ein Projektentwickler errichtet ein Wohn-
           ensemble bzw. ein Quartier mit rund 900 Einheiten für
           Familien und moderne Ein-Personen Haushalte. An alles
           wird gedacht, ÖPNV-Anbindung, Stellplätze nach Stell-
           platzordnung, Begegnungsräume, Concierge, Kinder-
           spielplatz, Gastronomie, Ladestationen und und und...
           Die Planungen beinhalten auch die modernen urbanen
           Wohnformen wie Serviced Appartments, Micro Living
           oder Townhouses. Doch nach dem Einzug der Bewohner
           und der ersten Bewährungsprobe der Infrastruktur wird
           eines schnell deutlich: der Spielplatz wird fantastisch
           angenommen, das Restaurant verzeichnet eine über-  Aktuell zeigt sich der bundesweite Markt für
           durchschnittliche Resonanz und auch der hohe Nut-  Logistikinvestments wie folgt:
           zungsgrad der Ladestationen zeigt, dass man endlich   Im 1. Halbjahr 2019 ist der  Transaktionsumsatz um
           im  modernen Wohnen  und  Mobilitätsverhalten  ange-  ca. 21 Prozent gesunken. Das  Transaktionsvolumen
           kommen ist. Doch eines läuft schief: die tägliche exor-  für Industrieimmobilien (Logistik- und Produktionsim-
           bitante Anlieferung der Pakete. Die Logistikdienstleister   mobilien sowie Gewerbeparks) betrug somit nur noch
           murren, die Besteller murren und der Concierge murrt   2,4  Milliarden Euro. Nichtsdestotrotz ist das Ergebnis
           ebenfalls, denn er nimmt die Pakete ja gern an, erfährt   das bisher drittstärkste aller Zeiten.
           aber eher zufällig von der Anlieferung. Konsequenz: Der
           Begegnungsraum, der nicht wirklich gut läuft, wird sehr   Die durchschnittliche Spitzenrendite für Logistikimmo-
           schnell zum Warenannahmezentrum im Quartier „um-  bilien beträgt in Deutschland mit Beginn des Herbstes
           gebaut“. Bei rund 1.500 Einwohnern werden im Schnitt   5,11 Prozent. Somit hat sich die Spitzenrendite in den
           täglich rund 100 Pakete zugestellt, zur Weihnachtszeit   letzten 12 Monaten nochmals um 41 Basispunkte ver-
           rund 350. Diese reale Geschichte verdeutlicht erneut,   ringert – stärker als bei Büro- und  Wohnimmobilien.
           dass bei aller rationalen Umsetzung moderner Wohn-,   Dabei  werden  die  absoluten  Spitzenrenditen  an  den
           Arbeits- und Mobilitätsformen der logistischen Dienst-  beiden Logistikstandorten in Hamburg und München
           leistung noch immer ein eher peripherer Bestandsteil   mit jeweils 4,10 Prozent erzielt. An beiden Standorten
           zugeordnet wird.                             sank die Rendite somit um 75 bzw. 65 Basispunkte, die
                                                        Nachfrage ist weiterhin sehr ausgeprägt.
           Investoren sehen zunehmend die vernetzende  Wirk-
           samkeit  der Querschnittsfunktion  Transport,  Verkehr   Mit Fokus auf attraktive Renditechancen, bieten die Lo-
           und Logistik. Doch die vielgerühmte „letzte Meile“   gistikstandorte Koblenz (6,20 %), Saarbrücken (6,10 %),
           findet kaum im Kalkül der Investoren statt. Dabei ist   Magdeburg (6,10 %) und Würzburg (6,00 %) außerge-
           es weniger die Ratio des Negierens als die mangelnde   wöhnliche Werte auf das eingesetzte Kapital.
           Blaupause, um diese Struktur auch ökonomisch umzu-
           setzen. Das hat Konsequenzen am Investorenmarkt.




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